European Payment Initiative (EPI) – die europäische und späte Antwort …
Spät aber mit politischem Rückenwind haben europäische Großbanken mit der #European Payment Initiative (EPI) ein eigenes europaweites Bezahlsystem und die Schaffung einer europäischen Zahlungsverkehrs-Infrastruktur gestartet. Bundesbank, EZB, European Payment Council und andere werden nicht müde, die Intitiative als ersten Schritt zu einem europaweiten Zahlungsstandard für alle Arten von Zahlungsvorgängen zu preisen.
Etablierte Banken und Zahlungsverkehrsdienstleister haben über die Jahre Marktanteile und Zahlungsverkehrsvolumen verloren. Noch viel bedeutsamer: Sie drohen die Schnittstelle zum Kunden zu verlieren. Mastercard und VISA wickeln bis zu 80% der kartenbezogenen Umsätze in Europa ab. Neben Provisionen und Auslastung von Zahlungsverkehrseinheiten dürften v.a. auch die damit gewonnenen Daten von größtem Interesse sein.
Banken dachten Zahlungsverkehr geht nur mit ihnen – weit gefehlt !
Banken haben erkannt, dass sie viel zu lange tatenlos zugesehen haben und sich in Abhängigkeit von amerikanischen Kreditkartenfirmen begeben haben. Zusätzlich haben Technologiekonzerne, wie #Apple Pay, #Google Pay sowie #PayPal erfolgreiche Zahlungsverkehrslösungen eingeführt.
Die Banken erhielten von Kunden und von europäischen Behörden die Aufforderung, ein innovatives und unabhängiges Zahlungssystem auf europäischer Ebene bereitzustellen. Die Banken sind sich bewusst, dass Zahlungen für ihre Kundenbeziehungen und ihre Bindungskapazitäten von entscheidender Bedeutung sind. Sie haben beschlossen, eine europäische Lösung am Markt einzuführen, der derzeit von einigen wenigen großen internationalen und überwiegend außereuropäischen Akteuren dominiert wird.
Große europäische Banken gründen Konsortium für unabhängiges Zahlungssystem auf europäischer Ebene
Jetzt haben große, europäische Banken eine Interimsgesellschaft in Belgien gegründet. 16 Großbanken aus Frankreich (BNP, CA Credit Mutuel), Deutschland (Deutsche, CoBa, DZ, Sparkassen), Belgien (KBC), den Niederlanden (ING), Spanien (Santander, BBVA, Caixa) und Italien (UniCredit) sind Gründungskonsorten. Beteiligt haben sich ferner der Zahlungsdienstleister Worldline aus Frankreich und Nets aus Dänemark, die im Auftrag von Händlern Zahlungen an der Ladenkasse und online abwickeln. Weitere Anteilseigner sollen bald dazustoßen. Nach ersten Querelen wird nun Zahlungsexpertin Martina Weimert (bisher Partnerin bei Oliver Wyman) die Geschäftsführung übernehmen.
Gemeinsam will man eine neue physische EPI-Bezahlkarte und digitale Geldbörse (Wallet) in Europa etablieren. Das pan-europäische Bezahlsystems soll bereits 2022 starten. Die Investitionskosten für Infrastruktur, Marketing etc. werden auf einige Milliarden Euro geschätzt. Enorme Beträge, wenn man bedenkt, dass die Provisionen im EU-Zahlungsverkehr gering sind. Zur Finanzierung will man versuchen, auf Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds zuzugreifen.
EPI-Erfolgschancen? Offen – Banken wissen jedenfalls: Jetzt und gemeinsam oder nie
Das hehre Ziel: EPI soll bis 2025 rund 65 % der Zahlungen in Europa abwickeln! Aus heutiger Sicht scheint dies kaum erreichbar. Der Ausgang der Initiative ist insgesamt durchaus offen: Viele Eigeninteressen, nationale Besonderheiten, bestehende Standards, Systeme und Prozesse die harmonisiert und in einem gemeinsam Projekt umgesetzt werden müssen. In Deutschland hat man mit paydirekt ein gutes Beispiel, wie schwierig es ist, unterschiedliche Partner unter einem Hut zu bringen. Es besteht die Gefahr, dass Partner wieder aussteigen, weil es für sie nicht passt oder ihnen zu wenig schnell / fortschrittlich ist. Wir werden sehen.
Strategisch ist es für die Europäische Union ein notwendiger Meilenstein, sich eigenständig und innovativ aufzustellen.
Informationen u.a.: beim European Payment Council
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