Banken stehen vor einer Zäsur

Nahezu jeden Tag beschreibt die Presse die teilweise fatale Situation der Banken in Deutschland: Niedrigzinssituation, Regulierungsanforderungen, Überkapazitäten, unvorteilhafte Geschäftsmodelle, veraltete Informationstechnologie, Angriffe durch FinTechs, … die Liste ist lang und sie ist in den meisten Fällen durchaus berechtigt.

Warum schaffen die Niedrigzinsen so große Probleme?

Klassisches Bankgeschäft, das sogenannte Commercial Banking, besteht darin, Einlagen von Kunden hereinzunehmen und als Kredit wieder auszureichen. Dabei entstehen Zinsüberschüsse, die aufgrund der Übernahme des Kreditrisikos auch gerechtfertigt sind. Bei einigen Banken machen die Zinseinnahmen mehr als 70 Prozent der Gesamterträge aus. Commercial Banking betreiben in Deutschland alle Banken. Kerngeschäft ist es jedoch für sogenannte Retail-Banken – also Institute, die auf das Massengeschäft mit privaten Kunden spezialisiert sind. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind dabei Marktführer, die Postbank oder ING-DiBa bedeutende Player.

Fristentransformation bringt nicht (mehr) die Erträge

Um die Erträge darüber hinaus zu steigern, verleihen die Kreditinstitute kurzfristige Einlagen als langfristige Kredite (Fristentransformation). Hierbei profitieren sie vom sogenannten Liquiditätsspread, der in „normalen“ Zinssituationen durchaus 50 Prozent des gesamten Zinsüberschusses einer Bank ausmachen kann. Aufgrund der EZB-Zinspolitik ist die Zinskurve jedoch derart flach, dass die Erträge aus der Fristentransformation wesentlich geringer ausfallen, als erforderlich.

Einlagenüberschüsse landen bei der EZB und werden damit zum Problem

Das Zinsproblem potenziert sich, da Retail-Banken in der Regel erhebliche Einlagenüberschüsse ausweisen: Sie nehmen mehr Einlagen herein, als sie Kredite an Unternehmen und Privatpersonen ausreichen. Dies ist auf die ausgeprägte Sparneigung, das hohe Geldvermögen sowie die eher zögerliche Kreditnachfrage der Kunden, zurückzuführen.

Einlagenüberschüsse, die eine Bank nicht als Kredit ausreichen oder anderweitig im Markt anlegen kann, muss die Bank bei der Europäischen Zentralbank „parken“. Seit Mitte 2014 werden diese Zentralbankeinlagen mit negativen Zinsen belastet. Derzeit beträgt der Zinssatz – 0,4 Prozent! Im Geschäft mit größeren Firmenkunden belasten Banken diese Kosten oftmals weiter, im Privatkundengeschäft ist dies unmöglich. Privatkunden würden die Einlagen abziehen und zuhause horten.

Fazit:

Zurück bleiben Banken und Sparkassen, die aufgrund ihrer Geschäftsmodelle überproportional von Zinsüberschüssen abhängig sind. Das Kerngeschäft dieser Institute wird auf der Einlagenseite durch die Zinspolitik der EZB massiv beeinträchtigt. Im Kreditgeschäft sorgt der intensive Wettbewerb dafür, dass die Margen zum Beispiel aus Baufinanzierungen auf Niedrigniveau verharren. Insbesondere Retail-Banken stecken dadurch in einer unattraktiven „Sandwich-Situation“, denen sie mit Kosteneinsparprogrammen begegnen. Eine Lösung scheint wie die Quadratur des Kreises, zumal neben der Zinsproblematik noch weitere kapital- und kostenintensive Herausforderungen wie z.B. IT und Regulierung zu bewältigen sind.

Foto: © ted007 – fotolia.com

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